Der 1. Diabetes-Prävention Online-Kongress des Lions Distrikts Bayern-Süd fand mit renommierten Referenten und zahlreichen Teilnehmer*innen statt. Die Kongressleiterin Prof. Dr. med. Helene von Bibra fasst zusammen, was PD. Martin Füchtenbusch (Forschergruppe Diabetes, Helmholtz Zentrum Neuherberg, München) berichtete.
Neu diskutiert: die Kohlenhydrat-Fett-Debatte.
Nur die Spitze des globalen Eisbergs – leider – ist die viel zitierte Häufigkeit von Diabetes Typ 2. Seine Vorstufe, Prädiabetes, ist weltweit absolut erschreckend verbreitet: In Amerika, z.B. hat nur noch die Hälfte der Bevölkerung normale Blutzuckerwerte im Tagesverlauf, in reichen arabischen Staaten nur noch eine kleine Minderheit.
• Dabei wäre bestens belegt, dass die Prävention von Diabetes mit Lebensstilinterventionen, also mit gesünderem Ess- und Bewegungsverhalten, sehr erfolgreich ist.
• Zusätzlich würde solche Prävention bei Prädiabetes auch noch das Risiko für vaskuläre Komplikationen – Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt – reduzieren können, auch langfristig. Das ist wichtig, denn diese vaskulären Komplikationen sind weiterhin die häufigste Todesursache.
• Allmählich gestaltet sich der weltweite Verlauf der Diabeteszahlen etwas unterschiedlich –in einigen reicheren Ländern zeichnet sich nun wieder ein Trend zu sinkenden Zuwachsraten ab.
Um das Risiko für vaskuläre Komplikationen zu erfassen, reicht es für Ärzte und Betroffene nicht, sich nur auf gestörten Zuckerstoffwechsel zu konzentrieren.
• Unabhängig davon spielen andere Faktoren wie u.a. Insulinresistenz, Fettleber, bauchbetontes Übergewicht oder Nierenfett offenbar eine wichtige Rolle, und zwar auch für das Diabetesrisiko.
• Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Faktoren wird eine präzisere Gruppenzuordnung für gefährdete Personen zukünftig in der Präventionsmedizin bedeutsam werden – eben auch, damit diese Risiken effektiver vermieden werden können.
Bei Diskussionen über das „gesündeste Essen“ sollte immer klar sein, über was genau man redet.
• Aussagen wie „die bösen Kohlenhydrate“ oder „die bösen Fette“ helfen offensichtlich nicht weiter, denn bei beiden dieser Makronährstoffe gibt es gesunde und ungesunde Vertreter.
• Wenn aber bereits ein metabolisches Syndrom, d.h. u.a. eine Insulinresistenz, vorliegt, führt gerade eine verminderte Menge von Kohlenhydraten zu deutlicher Verbesserung aller wichtigen Faktoren im Stoffwechsel – und zwar schon ohne relevanten Gewichtsverlust.
• Was durchaus schon bekannt ist, stimmt immer noch: „Mediterrane“ Ernährungs-Stile mit hochwertigen, frischen und unverarbeiteten Produkten (d.h. auch mit Kohlenhydrat-Beschränkung) sind zu empfehlen.
• Der übermäßige Konsum von hoch-verarbeiteten Lebensmitteln und Fertigprodukten kann zu einer erheblichen Gewichtszunahme führen. Insofern ist es medizinisch tragisch, dass es in sozial armen Vierteln wie z.B. in Mexiko City, keine Lebensmittelläden mit Frischwaren, sondern nur noch mit
Fertigprodukten gibt.
Was ist also zu tun?
• Nicht ausschließlich Kohlenhydrate oder Fette zählen,
• sondern frisch kochen und gute Qualität bevorzugen.
und konkreter beraten zu:
• Mahlzeiten in mediterranem Stil, also mit viel Gemüse bzw. Salat
• und mit maßvollem Kohlenhydrat Anteil.
Das ist eine im Grunde einfache Therapie von Übergewicht und damit Prävention von Diabetes mit
gleichzeitig denkbar großer Wirkung.
MindCarb ist froh, dass sich die langjährige Kontroverse um „böse Fette versus böse Kohlenhydrate“
nun zugunsten guter Qualität und vor allem zugunsten von einfach „mehr Gemüse und das Essen
selbst zubereiten“ verlagert. Einen großen Dank an PD. Füchtenbusch, dass er in diesem höchst
widersprüchlichen und komplizierten Themenbereich wissenschaftlich fundiertes Handeln empfiehlt.
In der Reihenfolge der Kongressvorträge behandelt der nächste Blog ein neuartiges Thema jüngster
Wissenschaft: Epigenetische Vererbung metabolischer Erkrankungen (Prof. Dr. Johannes Beckers,
Helmholtz Zentrum Neuherberg, München).