Aktuelle Forschungsergebnisse
Vortrag 2: Diabetes Prävention ist auch Umwelt- und Klimaschutz

Wie kann Diabetes Prävention von Ärzten und auch von Laien gelingen? Dazu informierte der
2. Diabetes-Prävention Online-Kongress des Lions Distrikts Bayern-Süd anhand aktueller Forschungsergebnisse. Der Kongress fand mit viel Erfolg am 4.3.2023 mit renommierten Referenten und zahlreichen Teilnehmern statt.

Dass Diabetes-Prävention auch zum Klima- und Umweltschutz beiträgt, berichtete Lisa Pörter (Charité, Institute of Public Health, Berlin). Kongressleiterin Prof. Dr. med. Helene von Bibra fasst für MindCarb diesen Vortrag zusammen. Auf Wunsch (info@mindcarb.de) werden die Vortragsfolien gerne zum ausschließlich privaten Gebrauch zugesandt.

Diabetes Prävention ist auch Klima- und Umweltschutz

Diabetes ist nun weltweit eine Volkskrankheit. Die Krankheitsfälle haben sich seit 1990 auf nunmehr 538 Millionen verdoppelt. Das Hauptrisiko für Diabetes, das Übergewicht, wird hervorgerufen durch hochkalorisches und Zucker-/Kohlenhydrat-reiches Essen. Dies Risiko besteht jedoch nun schon bei 2,6 Milliarden Menschen, das ist jeder vierte. Das macht die Zukunftsaussichten bedrohlich.

Menschliches Risiko für Diabetes
Zu den ungünstigen menschlichen Verhaltensweisen, dem Bewegungsmangel und zu viel und zu ungesundem Essen auch mit Folgeschäden für die Darmflora, kommen als weitere Risiken schädliche Stoffe in Luft und Umwelt hinzu sowie in kleinerem Ausmaß eine genetische Veranlagung zu Übergewicht bzw. zu Diabetes. Derzeit werden erst allmählich die Risiken durch die Umwelt aufgeklärt – so sind z.B. ca. 20% der Diabetesfälle weltweit auf Luftverschmutzung zurückzuführen. Das betrifft besonders in Afrika und Asien die tropischen und subtropischen Regionen.

Umweltschäden und Gesundheit
Unsere Lebensweise zerstört die Umwelt und führt zu einer Überlastung der ausgleichsfähigen planetaren Systeme, als Beispiele seien hier nur die Übersäuerung der Ozeane oder Änderungen der Bodennutzung durch Entwalden oder Zubetonieren genannt. Wir sind jedoch auf eine intakte Umwelt angewiesen. Die zunehmende Umweltveränderung und -zerstörung hat gravierende Folgen nicht nur für das Gleichgewicht in der Tier- und Pflanzenwelt sondern auch direkt für die menschliche Gesundheit. Insofern beschreibt die WHO die Klimakrise als die größte Bedrohung der menschlichen Gesundheit

Unser Industriezeitalter hat nicht nur eine zunehmende Erderwärmung bewirkt sondern bereits spürbare gesundheitliche Gefahren. Dazu gehören z.B. hitzebedingte Sterbefälle. Gefährdet sind besonders Menschen mit sehr hohem oder sehr niedrigem Alter, mit Behinderungen und mit chronischen Erkrankungen incl. Diabetes. In den äquatorialen Zonen mit hoher Luftfeuchtigkeit wird die Anzahl der extrem heißen Tage, die als deadly threshold bezeichnet werden, zunehmen.  Derzeit verzeichnen wir etwa 20 solche Tage im Jahr, in Zukunft werden es 50 oder mehr sein.

Des Weiteren kostet uns der Mobilitätssektor viel Gesundheit. Dies geschieht direkt durch Unfälle mit Verletzungs- bzw. Todesfolge, durch Luftverschmutzung und durch Lärm sowie indirekt durch Bewegungsmangel im Alltag, einem Kernrisiko für Diabetes. In Europa verursachen Autos 12% aller Emissionen; 40% davon entstehen bei Ausflügen von weniger als 16 Kilometern.

Die Gesundheit von Mensch und Tier hängt eng zusammen. So erhöht unsere Lebens- und Ernährungsweise das Pandemierisiko über zweierlei Mechanismen: einerseits durch die Massentierhaltung unserer Nutztiere und andererseits über die Wildtiere, die als Folge der Entwaldung nun in bewohnten Gebieten zunehmend Kontakt zur menschlichen Umgebung aufnehmen.

Mit dem Industriezeitalter hat sich auch unsere Ernährung sehr verändert: Fertigessen, Fast Food, hochkalorische und zuckerreiche Lebensmittel. Mit steigendem Einkommen nimmt der Konsum tierischer Lebensmittel zu. Anerkannt als gesundheitliche Ernährungsrisiken sind inzwischen besonders der Konsum zu vieler hochverarbeiteter und hochkalorischer Lebensmittel, der mangelnde Konsum unverarbeiteter pflanzlicher Lebensmittel und der Konsum von zu viel rotem bzw. prozessierten Fleisch. Gleichzeitig verursacht die Produktion unserer Ernährung jedoch auch noch besorgniserregende Umweltauswirkungen. Insofern ist es doppelt tragisch, dass ca. 30% aller Lebensmittel im Abfall landen.

So betragen die CO2 Emissionen zur Herstellung von tierischen Lebensmitteln im Allgemeinen das 10-fache oder noch viel mehr, verglichen mit denjenigen von pflanzlichen Lebensmitteln.

Zusammenfassend verursachen also Ernährung und Mobilität sehr relevante Schadensbereiche in der planetaren Krise, während das individuelle Bewegungs- und Ernährungsverhalten auch noch in erheblichem Maße das persönliche Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko beeinflusst. Deshalb erwachsen aus relevanten individuellen Verhaltensänderungen Win-win-Situationen für die Gesundheit und die Umwelt. Regelmäßiges Gehen 30 min. bzw. Radeln 20 min. pro Tag senkt das Sterblichkeitsrisiko um mindestens 10 %, und aktives Pendeln reduziert das Diabetes Risiko um 30%. Deutliche Reduktionen in Einkauf und Konsum von rotem und prozessiertem Fleisch und Tierprodukten zugunsten von deutlich mehr unverarbeiteten pflanzlichen Nahrungsmitteln – mit der Planetary Health Diet könnten auf unserem Planeten 10 Milliarden Menschen gesund ernährt werden – reduziert dann auch die vorzeitige Sterblichkeit um bis zu 20% und gleichzeitig Treibhausgasemissionen und Umweltbelastung.
Zusätzliche Maßnahmen auf politischer, gesundheitspolitischer und finanziell steuernder Ebene sind lt. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) 2020 jedoch ebenfalls notwendig für effektive Änderungen in unserem Gewinn- und eben nicht Gemeinwohl-orientierten Wirtschaftssystem.

Klima und Gesundheit, das geht einfach jeden an. MindCarb möchte zur Aktivität im persönlichem Handlungsspielraum ermutigen. Das betrifft vor allem die eigene Auswahl bei Essenseinkauf und Bewegungsweise. Hilfreich sind konstruktive Gespräche zum Thema Klima am Arbeitsplatz, im Verein, in der Familie und, ganz besonders, eine für andere inspirierende Lebensweise.

Im folgenden Blog wird vom dritten Vortrag berichtet, also wie Ernährung das Mikrobiom unterstützen kann zur Prävention von Diabetes.